Rosalyn Yalow

Radioimmunoassay: Tool for Biomedical Investigation and Clinical Medicine

Category: Lectures

Date: 26 June 1978

Duration: 56 min

Quality: HD MD SD

Subtitles: DE

Rosalyn Yalow (1978) - Radioimmunoassay: Tool for Biomedical Investigation and Clinical Medicine

Sehr geehrte Preisträger, Studenten und andere Gäste. Als Wissenschaftler müssen wir zu schätzen wissen, dass es jetzt dank der Wissenschaft und den mit den Fortschritten einhergehenden Errungenschaften als jemals zuvor in der Geschichte. Wenn die Probleme, auf die sich Dr. Wald heute Morgen bezog, gelöst werden sollen, kann dies nur durch das Bewusstsein geschehen, dass die Weltbevölkerung nicht weiter wachsen darf, denn nur so kann unser Problem gelöst werden. Aber wer unter uns ist weise genug zu entscheiden, wer leben soll und wessen Leben nicht erhaltenswert ist? Wer sich fortpflanzen soll und wer nicht? Ich bin nicht so weise und daher beschränke ich meine Anmerkungen auf Gebiete, auf denen ich wissenschaftliche Beweise vorlegen kann, die Sie alle akzeptieren können, d. h., ich werde nur über die Wissenschaft sprechen, zu der ich einen Beitrag geleistet habe, der ausreicht, mir einen Platz unter den verehrten Sprechern hier einzubringen. Für den primitiven Menschen war der Himmel, wundervoll, mysteriös und ehrfurchtgebietend. Aber er konnte nicht einmal erahnen, was sich in der goldenen Scheibe, den silbernen Lichtpunkten so weit außerhalb seiner Reichweite verbarg. Das Teleskop, das Spektroskop, das Radioteleskop, all die Werkzeuge und Utensilien der modernen Wissenschaft fungierten als genaue Sonden, um es dem Menschen zu ermöglichen, die inneren Bestandteile und Feinstrukturen dieser Himmelsobjekte zu entdecken, zu analysieren und dadurch besser zu verstehen. Der Mensch ist selbst ein mysteriöses Objekt und die Werkzeuge zur Erforschung seiner physiologischen Natur und Funktion haben sich nur langsam über die Jahrtausende entwickelt. Becquerel, die Curies, die Joliot-Curies mit ihrer Entdeckung der natürlichen und künstlichen Radioaktivität sowie Hevesy, ein Pionier in der Verwendung von Radionukliden zur Erforschung chemischer Vorgänge, waren die wissenschaftlichen Ahnen meiner Karriere. Ich widme mich seit 30 Jahren der Entwicklung radioisotopischer Methoden und ihrem Einsatz zur Analyse der Feinstruktur biologischer Systeme. Von 1950 bis zu seinem frühen Tod 1972 wurde ich bei diesem wissenschaftlichen Abenteuer von Dr. Solomon Berson unterstützt, und zusammen haben wir den Radioimmunassay, ein leistungsstarkes Hilfsmittel zur Bestimmung beinahe jeder Substanz von biologischem Interesse, auf die Welt gebracht und durch die Kinderzeit begleitet. Im Wesentlichen eine Verschmelzung aus Physik und Medizin, aus Arzt und Physiker. Mit dem Ursprung von Radioimmunassay waren wir darauf aus, alles zu messen. Lassen Sie mich Ihnen heute von seiner Geschichte berichten, von seiner Vergangenheit und ein wenig von seinen Möglichkeiten. Der Radioimmunassay wurde nicht gezielt entwickelt, er entstand mehr als Zufallsprodukt unserer Forschungen auf einem nicht unbedingt verwandten Gebiet. Dr. I. Arthur Mirsky postulierte vor etwa 25 Jahren, dass Diabetes beim Erwachsenen, Altersdiabetes, nicht durch eine ungenügende Insulinausschüttung, sondern vielmehr durch einen zu schnellen Abbau des Insulins durch ein Leberenzym, das er für hepatische Insulinase hielt, hervorgerufen wird. Wie kam er darauf? Es war bereits bekannt, dass die Bauchspeicheldrüse des jugendlichen Diabetikers..., dass das Kind mit juvenilem Diabetes so gut wie kein Insulin in seiner Bauchspeicheldrüse hat. Aus Obduktionen war bereits bekannt, dass die Bauchspeicheldrüse von Patienten mit Altersdiabetes in der Regel fast normale, normale und sogar überhöhte Mengen Insulin aufwies. Und dennoch wurde vor 25 Jahren, vor der Zeit der oralen blutzuckersenkenden Mittel, fast jeder Fall von Diabetes mit Insulin behandelt. Wenn die Bauchspeicheldrüse genügend Insulin produzierte, man aber annahm, dass im Blutkreislauf nicht genügend Insulin vorhanden sei, schien die Annahme von Dr. Mirsky, dass Insulin beim Diabetiker ungewöhnlich schnell abgebaut werde, sehr vernünftig zu sein. Zu dieser Zeit arbeiteten Dr. Berson und ich an Projekten zur Erforschung des Austauschs, der Verteilung und dem Verschwinden von Serumproteinen aus dem Plasma. Es schien daher nicht unvernünftig zu sein, dieselbe Art von Untersuchung durchzuführen, um zu bestimmen, wie schnell Insulin im Plasma des Diabetikers im Vergleich zum Plasma des Nicht-Diabetikers abgebaut würde. Wenn die Hypothese von Mirsky korrekt war, wäre zu erwarten, dass Insulin im Plasma eines Diabetikers schneller abgebaut würde als im Plasma eines Nicht-Diabetikers. Wir verabreichten daher Diabetikern und Nicht-Diabetikern markiertes Insulin, mit einem Isotop markiertes Insulin, einem radioaktiven Jod-Isotop, Jod-131, intravenös. Wenn die Mirsky-Hypothese korrekt war, würde das Insulin beim Diabetiker schneller verschwinden. Zu unserer Überraschung stellte sich jedoch heraus, dass bei Diabetikern das radioaktive Insulin aus dem Plasma langsamer verschwand als bei Nicht-Diabetikern, was in den flacheren Kurven unten zu erkennen ist. In der unteren Gruppe waren einige Diabetiker enthalten. Tatsächlich war bei einem Mann, bei dem Diabetes bei seiner ersten Vorstellung gerade diagnostiziert worden war, die Kurve des Verschwindens normal schnell. Nach einer mehrmonatigen Insulintherapie gesellte er sich jedoch zur Gruppe derjenigen, bei denen Insulin langsamer verschwand. Außerdem gab es einen vereinzelten Nicht-Diabetiker, durch die stark gepunktete Linie dargestellt, der ebenfalls eine langsame Verschwinde-Rate aufwies. Und dabei handelte es sich um einen Schizophreniepatienten, der mit einer Insulinschocktherapie behandelt worden war. Die Gruppe mit langsamem Verschwinden unterschied sich also nicht durch eine Diabeteserkrankung per se von der Gruppe mit schnellem Verschwinden, sondern durch eine zuvor erfolgte Insulintherapie. Wir vermuteten deshalb, dass die verzögerte Insulinverschwinde-Rate auf die Bindung des markierten Insulins an Antikörper zurückzuführen sei, die sich als Reaktion auf das Verabreichen von aus Rindern oder Schweinen isoliertem, exogenem Insulin entwickelt hatten. Klassische immunologische Verfahren reichten jedoch zur Entdeckung von Antikörpern nicht aus, von denen wir annahmen, dass ihre Konzentration so gering wäre, dass sie nicht ausgefällt werden könnten. Wir standen jedoch der Annahme gegenüber, dass Insulin nicht antigen sei, sonst wäre seine Antigenität in der 25-jährigen Geschichte der Insulintherapie beobachtet worden. Wir hatten daher das Gefühl, neue hochempfindliche Verfahren zur Erkennung löslicher Antigen-Antikörper-Komplexe entwickeln zu müssen, und diese Verfahren beruhten auf der Verwendung von markiertem Insulin, mit radioaktivem Jod markiertem Insulin. Auf der nächsten Folie sehen Sie einige dieser Verfahren. Das erste von uns eingesetzte Verfahren wurde Elektrophorese genannt. Dieses Verfahren beruht im Wesentlichen auf der Trennung von Proteinen anhand ihrer Ladungsunterschiede und ihrer Reaktion in einem elektrischen Feld. Hier in der Mitte sehen Sie die Elektropherogramme von markiertem Insulin im Plasma eines Patienten, der nie mit Insulin behandelt wurde, was wir unser nicht immunes Plasma nennen. Und im Plasma von Patienten, die mit Insulin behandelt wurden, wir nennen es immunes Plasma. Im Plasma der zuvor nicht mit Insulin behandelten Patienten bindet sich das markierte Insulin an das Papier, während die übrigen Serumproteine wandern. Im Plasma der mit Insulin behandelten Patienten wandert das Insulin jedoch im Ganzen oder in Teilen mit den Serumproteinen, hier zwischen Beta- und Gamma-Globulin dargestellt. Berson und ich hatten es immer sehr eilig, daher entwickelten wir ein neues, sehr einfaches Verfahren, Papierelektrophorese genannt, bei dem wir den Deckel der Elektrophoreseschachtel offen ließen. Wir setzten Chromatographie mit Wasser als Fließmittel ein und konnten so eine Trennung des freien Insulins, das an der Aufbringungsstelle verbleibt, und dem proteingebundenen Insulin, das in etwa 15 Min. anstatt der bei der Standardelektrophorese erforderlichen 16 Std. bzw. über Nacht wandert, herbeiführen. Hier sehen wir Stärkeblockelektrophorese, auch ein System, das nur anhand der Ladung trennt, bei der das freie Insulin beinahe im Bereich von Albumin wandert, und das an das Gammaglobulin gebundene, markierte Insulin bleibt nahe der Aufbringungsstelle. Mithilfe verschiedener solcher Systeme gelang es uns, das allgegenwärtige Vorhandensein insulinbindender Antikörper bei beinahe allen Patienten nachzuweisen, die über einen Zeitraum von mindestens einem Monat mit Insulin behandelt worden waren. Dieses Konzept wurde von den Immunologen Mitte der 1950er nicht akzeptiert. Heidelberger hatte in seinem Buch gerade behauptet, dass Peptide mit einem Molekulargewicht von unter 10.000 nicht antigen sein könnten. Die Originalschriften, in denen diese Ergebnisse beschrieben wurden, wurden von der Wissenschaft und anfänglich vom führenden amerikanischen Journal of Clinical Investigation abgelehnt. Ein Kompromiss mit den Herausgebern führte schließlich zur Annahme der Schrift, aber erst, nachdem wir das Wort "Antikörper" aus der Überschrift gelöscht hatten, da sie unsere Schlussfolgerung, dass das für die Insulinbindung verantwortliche Globulin tatsächlich ein erworbener Antikörper war, nicht akzeptieren konnten. Hier sehen Sie das an die Gammaglobuline gebundene Insulin wandern, während das freie Insulin an der Aufbringungsstelle verbleibt. Beachten Sie, dass wir eine Abnahme des Verhältnisses von antikörpergebundenem zu freiem Insulin erhalten, wenn wir die Insulinkonzentration von unter einer Milli-Einheit Insulin pro Milliliter auf den zehnfachen Wert erhöhen. Im ersten Fall werden etwa 67% gebunden, 64, 57, weniger als die Hälfte und 31% werden gebunden, während der Insulinspiegel auf das Zehnfache steigt. Diese Beobachtung bildete die Basis für den Radioimmunassay von Insulin in Plasma. Dennoch waren jahrelange Untersuchungen und Analysen erforderlich, die auch Studien zu den quantitativen Aspekten der Reaktion zwischen Insulin und Antikörper und der Artenspezifizität des verfügbaren Antiserums umfassten, um die theoretischen Konzepte des Radioimmunassay-Verfahrens vor beinahe 20 Jahren in die praktische Anwendung und in die Bestimmung von Insulin in nicht extrahiertem Plasma zu überführen. Der Radioimmunassay ist im Prinzip einfach. Er zeigt sich in den kompetitiven Reaktionen auf dieser Folie. Die Konzentration an Antigen in der unbekannten Probe wird durch Vergleich ihres Verhaltens beim Unterbinden der Bindung des markierten Antigens an Antikörper mit dem Verhalten bekannter Standardlösungen erreicht. Der Radioimmunassay ist keine, wie von Hevesy ursprünglich beschrieben, Isotopenverdünnungsmethode, da eine identische immunologische Aktivität des nicht markierten Antigens und des markierten Antigens nicht erforderlich ist. Die Gültigkeit des Radioimmunassays hängt nur vom identischen immunologischen Verhalten der unbekannten Proben und der bekannten Standards ab. Die Spezifizität der immunologischen Reaktionen erlaubt jederzeit eine Unterscheidung, zum Beispiel zwischen Corticosteron und Cortisol, zwei Steroiden, die sich nur durch einen einzigen Hydroxylrest unterscheiden. Beim Radioimmunassay ist es nicht erforderlich, dass Standards und unbekannte Proben chemisch identisch sind oder gleiches biologisches Verhalten aufweisen. Wenn man am biologischen Verhalten der vom Radioimmunassay ermittelten Mengen interessiert ist, ist daher ein zusätzlicher Nachweis der Gültigkeit des biologischen Vergleichs erforderlich. Außerdem kann der Radioimmunassay bei einigen Assays sogar von klinischem Nutzen sein, die aufgrund fehlender immunologischer Identität zwischen Standards und der Probe, deren Konzentration bestimmt werden soll, nicht richtig ausgewertet werden können. Der Einsatz des Radioimmunassays zur Bestimmung des Parathormons, dem Hormon, das den Umgang des Körpers mit Kalzium regelt, ist ein typisches Beispiel dafür. Der Radioimmunassay ist eine Reagenzglasmethode. Zur Durchführung eines Radioimmunassays verwenden Sie die ein oder andere Variation folgender Dinge: In einem Reagenzglas mischen wir eine bekannte Menge eines markierten Antigens, eine bekannte Menge eines Antikörpers und in einigen Röhrchen die bekannten Standards und in anderen die unbekannten Proben. Nach einem bestimmten Zeitraum, der Minuten, Stunden oder Tage lang sein kann, stellen wir eine Methode zur Trennung des antikörpergebundenen, markierten Antigens vom freien Antigen zur Verfügung, denn, wie ich zuvor erklärt habe, liegt das antikörpergebundene Antigen nicht..., liegt in Form von löslichen Komplexen vor. Zig Verfahren wurden eingesetzt, um diese Trennung zu bewerkstelligen. Dann erstellen wir eine Standardkurve aus dem Verhältnis des antikörpergebundenen zum freien markierten Antigen als Funktion der Konzentration des nicht markierten Antigens. Dann bestimmen wir die Bindung in Prozent oder das Verhältnis B zu F im unbekannten Röhrchen und bestimmen anhand dieser Kalibrationskurve direkt die Konzentration des nicht markierten Antigens. Wie Sie hier sehen ist die Empfindlichkeit des Radioimmunassays ziemlich bemerkenswert. Die geringe Menge von einem Zehntel Pikogramm pro Milliliter oder 5 mal 10 hoch minus 14 Molar Gastrin kann jederzeit bestimmt werden. Das Prinzip des Radioimmunassays beschränkt sich nicht auf immunrelevante Substanzen, sondern kann auch auf andere Systeme übertragen werden, wobei der spezifische Antikörper dann durch einen spezifischen Reaktionspartner ersetzt wird. Bei dem spezifischen Reaktionspartner kann es sich um jede Substanz handeln, die Bindungen eingeht. Dies kann ein bindendes Protein im Plasma, ein Enzym oder eine Empfängerregion des Gewebes sein. Es ist außerdem nicht erforderlich, ein radioaktives Atom als Marker zu verwenden. Kürzlich entstand beachtliches Interesse daran, als Marker Enzyme zu verwenden, die kovalent an das Antigen binden. Auch wenn viele Varianten kompetitiver Assays, die allgemeinere Bezeichnung für Radioimmunassays, beschrieben wurden, ist der Radioimmunassay doch das Verfahren der Wahl geblieben und wird es vermutlich auch weiterhin bleiben, zumindest bei den Assays, die eine hohe Empfindlichkeit verlangen. Die Assays für Peptidhormone, bei denen Empfängerregionen verwendet werden, haben den Vorteil, die biologische Aktivität bestimmen zu können, sind aber mindesten zehn bis hundert Mal weniger empfindlich als der Radioimmunassay. Assays mit Enzymmarkern, die in den letzten paar Jahren ziemlich intensiv verwendet wurden, haben einige Nachteile. Der wichtigste ist, dass die durch die Antigen-Antikörper-Reaktion verursachte sterische Hemmung aufgrund des Vorhandenseins des Enzymmoleküls beinahe unausweichlich die Empfindlichkeit des Assays herabsetzt. Vor zwei Jahrzehnten, als Bioassay-Verfahren auf dem Vormarsch waren, fand die erste Vorstellung des Potenzials hormoneller Messverfahren durch Radioimmunassays beinahe keine Beachtung. Etwas mehr Interesse erweckte 1959 unsere Demonstration der praktischen Anwendung des Radioimmunassays zur Bestimmung von Plasma-Insulin im Menschen. Nichtsdestotrotz war die Wachstumsrate von Radioimmunassays in den frühen 60ern recht langsam. Nur hin und wieder findet sich ein nicht von unserem Labor stammender Artikel in den führenden amerikanischen Zeitschriften. Wir beschrieben den Radioimmunassay nicht nur, in den frühen 60ern führten wir auch 3 Jahre lang Schulungen in unserem Labor durch, in denen wir mit über 100 amerikanischen Forschern die Verwendung des Verfahrens übten. Und wie Sie sehen können, startete das Verfahren am Ende dieses Schulungszeitraums durch und es fand tatsächlich ein exponentielles, ein kontinuierliches exponentielles Wachstum des Einsatzes von Radioimmunassays statt. Wie die meisten Wissenschaftler ließen wir unsere Entdeckungen nicht patentieren. Ende der 1960er wurde der Radioimmunassay zu einem wichtigen Hilfsmittel in Labors, die sich mit der Hormonforschung befassen, und seit kürzerer Zeit wird er nicht mehr nur in Forschungslabors, sondern auch in der Nuklearmedizin und in klinischen Labors eingesetzt. Laut einer Schätzung führten 1975 allein in den Vereinigten Staaten über 4.000 freie klinische und Krankenhauslabors alle möglichen Arten von Radioimmunassays durch. Beinahe doppelt so viele wie ein oder zwei Jahre zuvor. Und die Anstiegsrate scheint in den letzten zwei oder drei Jahren nicht nachgelassen zu haben. Die technische Einfachheit von Radioimmunassays und die Problemlosigkeit, mit der die Reagenzien erhältlich sind, gestatteten sogar in den wissenschaftlich unterentwickelten Staaten einen weit verbreiteten Einsatz. Tatsächlich würde ich sagen, das derzeitige Problem mit dem Radioimmunassay ist die zu häufige Verwendung, wie das bei so vielen Hilfsmitteln der Fall ist, die uns die moderne Medizin zur Verfügung gestellt hat. Die explosive Verbreitung des Radioimmunassays leitet sich aus seiner generellen Einsetzbarkeit in vielen verschiedenen Bereichen, der biomedizinischen Forschung und in klinischen Diagnosen ab. Eine repräsentative, unleserliche und unvollständige Liste der mit dem Radioimmunassay gemessenen Substanzen sehen Sie hier. Diese Folie soll mehr beeindrucken als gelesen werden, daher gehe ich zur nächsten Folie, die nur die gezeigten Substanzen aufführt. Links sind die Peptidhormone aufgeführt, in der Mitte die Nicht-Peptidhormone und rechts die nicht hormonellen Substanzen, die mithilfe von Radioimmunassays quantitativ bestimmt wurden. Und zuerst möchte ich einige sehr typische Verwendungsmöglichkeiten erläutern, anhand derer sich erkennen lässt, wie wir mit Radioimmunassays neue Einsichten in die Physiologie und Pathophysiologie gewonnen haben. Am Anfang meines Vortrags habe ich schon erwähnt, dass man in den 1950ern davon ausging, dass alle Formen des Diabetes durch einen absoluten Mangel an Insulin hervorgerufen würden. Das war der Grund für die Mirsky-Hypothese, dass er aufgrund eines unzulänglichen Pankreas und der Vorstellung, dass nicht genügend Insulin zirkulierte, dachte, Insulin würde ungewöhnlich schnell abgebaut. Tatsächlich war die erste mit dem Radioimmunassay gewonnene Erkenntnis die, dass Patienten mit Altersdiabetes keinen absoluten Insulinmangel aufwiesen, sondern dass ihre Insulinspiegel in der Regel höher waren als die von Nicht-Diabetikern, da bei Diabetes etwas vor sich geht, das den Körper daran hindert, Insulin richtig zu verwenden. Die erste Entdeckung mit dem Radioimmunassay war die Erkenntnis, dass beim Diabetes des Erwachsenen der erhöhte Blutzucker nicht auf einen absoluten Mangel an Insulin zurückzuführen war, sondern auf etwas, das im Krankheitsstadium dafür sorgt, dass der Diabetiker sein Insulin nicht so effektiv einsetzen kann wie der Nicht-Diabetiker. Die zweite Entdeckung in Bezug auf den Radioimmunassay war seine Fähigkeit, eines der Hypophysenhormone, das Wachstumshormon, quantitativ zu bestimmen. Das Hormon also, das für das Wachstum kleinwüchsiger Kinder verantwortlich ist. Wenn diese Kinder rechtzeitig mit dem Wachstumshormon behandelt werden, können sie beinahe normales Wachstum erreichen. Ist Kleinwüchsigkeit bei Kindern immer auf fehlendes Wachstumshormon zurückzuführen? Die Antwort ist: Nein. Es gibt viele andere Ursachen für die Kleinwüchsigkeit mancher Kinder: Mangelernährung, eine genetische Konstitution, sogar ein Mangel an Fürsorge kann bei manchen kleinwüchsigen Kindern das Wachstum verhindern. Wir haben zurzeit keine Möglichkeit, menschliches Wachstumshormon zu gewinnen, außer als Autopsiematerial vom Menschen. Vielleicht gelingt eines Tages die Gewinnung durch E. coli, aber zurzeit ist Autopsiematerial unsere einzige Quelle, wir können kleinwüchsige Menschenkinder nicht mit in Tieren herangezüchteten Wachstumshormonen behandeln. Die Bedeutung von Radioimmunassays liegt darin, dass sie uns Wege zur Verfügung stellen zu bestimmen, welche kleinen Kinder aufgrund eines Mangels an Wachstumshormon klein sind und welche kleinen Kinder aus anderen Gründen klein sind. Und warum ist diese Unterscheidung so wichtig? Weil wir nur genügend Wachstumshormon haben, um weniger als die Hälfte der Kinder zu behandeln, die es wirklich brauchen. Und wenn wir es durch Behandlung von Kindern verschwenden, die es nicht brauchen, hätten wir nicht genug, um die zu behandeln, die es brauchen. Die zweite Rolle für Radioimmunassays: Mit Radioimmunassays sind wir in der Lage, die Hormone zu messen, die den Kalziumstoffwechsel steuern, die kalzitropen Hormone. Und wir haben etwas über den sekundären Hyperparathyroidismus erfahren, der Knochenerkrankung bei Patienten mit Niereninsuffizienz. Wir sind in der Lage, Kalzium sezernierende Tumoren zu diagnostizieren, überschüssiges Parathormon aus Tumoren der Nebenschilddrüse usw. Mit Assays für die Gonadotropine haben wir sehr viele neue Erkenntnisse zu Sterilität und Fruchtbarkeit gewonnen. Die für mich vielleicht aufregendste neue Entwicklung von Radioimmunassays stammt nicht aus meinem eigenen Labor, denn ich arbeite für ein Veteranenhospital und unsere Patienten sind größtenteils erwachsene Männer. Sondern es ist der Einsatz von Radioimmunassays für die Untersuchung Neugeborener auf Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion). Seit einigen Jahren haben wir uns in unserem Land daran gewöhnt, Neugeborene auf Phenylketonurie zu untersuchen, auf die Unfähigkeit, Phenylalanin richtig zu verstoffwechseln. Wenn diese Kinder in ihrem ersten Lebensjahr nicht mit einer speziellen Diät ernährt werden, entwickeln sie irreversible geistige Schäden, daher gibt es in unserem Land ein Untersuchungsprogramm in 48 von 50 Staaten. Dank der Entwicklung von Radioimmunassays sind wir in der Lage, den Schilddrüsenhormonspiegel bei Neugeborenen anhand eines Tropfen Blutes auf Filterpapier zu messen. Phenylketonurie kommt in Nordeuropa und den Vereinigten Staaten bei einer von 25.000 Geburten vor und die Behandlung ist in der Tat sehr schwierig. Schilddrüsenunterfunktion beim Neugeborenen, eine inaktive Schilddrüse beim Neugeborenen, kommt bei ungefähr einer von 5.000, einer von 8.000 Geburten vor. Eine drei bis fünf Mal größere Inzidenz. Wird sie nicht bis zum Alter von 3 Monaten erkannt, sind geistige Störungen unvermeidbar, eine Senkung des IQ, des Intelligenzquotienten, um mehr als 30 bis 40% im Vergleich zu den Geschwistern. Die Kosten der Behandlung liegen bei einem Dollar pro Jahr und in vielen Bundesstaaten wird eine Untersuchung von Neugeborenen auf neonatale Hypothyreose verlangt. Und damit ist ein Ende absehbar, dass es bei einer von 5.000 Geburten zu dieser schrecklichen Tragödie für die Familie, für das Kind und für die Gemeinschaft kommt. Kürzlich kam ich aus Indien zurück, wo ich feststellen musste, dass Infektionskrankheiten in Indien die zweithäufigste Todesursache bilden. Im Gegensatz dazu belegen sie in Europa und den Vereinigten Staaten Rang 15 bei den Todesursachen. Radioimmunassays werden bei der frühzeitigen Erkennung von Krankheitsüberträgern eine wichtige Rolle spielen. Vor etwa 8 Jahren beschrieben wir in unserem Labor die erste Anwendung eines Radioimmunassays bei einem viralen Antigen, der Messung des Hepatitis-B-Antigens und des Antikörpers, mithilfe von radioisotopischen Verfahren, mithilfe eines Radioimmunassays. Er ist jetzt in unserem Land erste Wahl, wenn es um die Erkennung von Blut geht, das mit dem Hepatitis-B-Antigen infiziert wurde. Vor Kurzem haben wir in unserem Labor die Anwendung von Radioimmunassays zur quantitativen Bestimmung von gereinigtem Proteinderivat (PPD) beschrieben. Das ist ein Protein, das aus den Zellwänden von Mycobacterium tuberculosis gewonnen wird. Wir haben diese Möglichkeit der Erkennung des Antigens in Fällen von Miliartuberkulose beschrieben, wir hoffen, sie auch bei anderen sehr schweren Problemherden wie tuberkulöser Meningitis anwenden zu können, wo eine frühe Diagnose äußerst wichtig ist, um rechtzeitig mit der Behandlung beginnen zu können, und wo die herkömmlichen Verfahren mit biologischen Kulturen bis zu sechs Wochen oder so in Anspruch nehmen, bevor eine Diagnose gestellt werden kann. Das ist in den Staaten vielleicht nicht so aufregend. In Indien, wo die differenzielle Diagnose eines Gehirnscans nicht zur Unterscheidung zwischen Schlaganfall und Tumor, sondern zwischen Schlaganfall und tuberkulösen Granulomen eingesetzt wird, ist das in der Tat ein sehr wichtiges Problem. Ich kann mir weitere Anwendungsmöglichkeiten vorstellen, z. B. im Fall von Lepra. Eine Krankheit mit einer sehr langen Inkubationszeit, die rechtzeitig behandelt werden könnte, wenn wir die Überträger identifizieren könnten. Ich glaube, dass Radioimmunassays in den 1980ern ein ebenso weites Einsatzfeld bei der Erforschung von Infektionskrankheiten finden werden, wie auch bei der Rolle, die sie in den 60ern bei Forschungen in der Endokrinologie spielten. Anstatt mit dieser sehr allgemeinen Beschreibung fortzufahren, würde ich lieber ein paar bestimmte Beispiele für Radioimmunassays vorstellen, um zu zeigen, wie sie eingesetzt werden können und sollten. In der klinischen Diagnose erfordert eine geeignete Interpretation der Plasmahormonspiegel, insbesondere der Peptidhormonkonzentrationen, ein klares Verständnis der an der Regulation der Hormonsekretion beteiligten Faktoren. Eine solche Sekretion wird in der Regel durch irgendein Abweichen vom Zustand der biologischen Homöostaste ausgelöst, den das Hormon modulieren soll. Ein repräsentatives Modell für ein solches System wird auf dieser Folie dargestellt. Die Regulation erfolgt durch Rückkoppelungsmechanismen, an deren einem Ende das Hormon steht und an deren anderem Ende die Substanz, die es reguliert. Gastrin ist ein Hormon, das in den Magen abgegeben wird und die Magensäure steuert. Gastrinsekretion erhöht den Magensäuregehalt, der dann wiederum die Sekretion von antralem Gastrin unterbindet. Eine Modulation dieses Systems kann über eine Reihe von Faktoren erfolgen, der wichtigste davon ist vermutlich die Nahrungsaufnahme. Nahrungsaufnahme fördert direkt die Freisetzung von Gastrin durch ihre chemische Einwirkung auf das Antrum, durch Dehnung des Magens oder durch die Pufferwirkung der Nahrung, die den Magensäuregehalt herabsetzt, und durch diesen Mechanismus die Freisetzung von Gastrin bewirkt. Die normale Nüchtern-Gastrinkonzentration liegt bei den meisten Magengeschwürpatienten und normalen Patienten bei unter einem Zehntel Nanogramm pro Milliliter. Hier sehen Sie drei verschiedene klinische Zustände, die ich gleich erläutern werde, in denen das Gastrin abnorm erhöht ist. Die erste Gruppe ist eine Gruppe von Patienten mit perniziöser Anämie. Diese Patienten, die bei Nichtbehandlung eine tödliche Form der Anämie entwickeln, der Unfähigkeit, Blut zu bilden, sind Patienten, deren Mägen eine auffällige Untersäuerung aufweisen. Da Magensäure normalerweise die Gastrinsekretion unterbindet, führt das fortwährende Fehlen von Säure und die wiederholte Stimulation durch Nahrungsaufnahme schließlich zu einer sekundären Hyperplasie der Gastrin produzierenden Zellen. Der hohe Gastrinspiegel wird bei diesen Patienten aufgrund des Fehlens der inhibitorischen Wirkung der Salzsäure auf die Sekretion des antralen Gastrins als überaus stimmig angesehen. Die zweite Gruppe ist eine Gruppe, wir nennen sie Zollinger-Ellison-Syndrom, die im Wesentlichen aus Patienten mit einem Tumor besteht, der Gastrin absondert. Bei dem Tumor handelt es sich häufig um einen malignen Tumor, einer Form von Krebs, und in diesem Fall wird die Sekretion von Gastrin aus dem Tumor nicht in geeigneter Weise reguliert. Die Patienten leiden unter starker Übersäuerung, entwickeln aufgrund der starken Übersäuerung Geschwüre im Zwölffingerdarm. Wichtig ist hierbei, zwischen den Patienten mit Gastrin sezernierenden Tumoren und Patienten mit aufgrund der Untersäuerung erhöhtem Gastrin unterscheiden zu können. Daher ist es einsichtig, dass wir beides messen müssen, das Hormon und auch den Säuregehalt. Beim Einsatz von Radioimmunassays reicht es im Falle des Peptidhormons nicht aus, nur die Peptidhormonkonzentration an sich zu messen. Wir müssen das Hormon und das Substrat messen, das durch das Hormon reguliert werden soll. Interessant dabei ist, dass eine starke Übersäuerung nicht nur durch eine bösartige Erkrankung wie einen Gastrin sezernierenden Tumor, sondern auch einfach durch eine Hyperaktivität des Antrums hervorgerufen werden kann, durch Hyperaktivität der Gastrin sezernierenden Zellen des Magens. Wie unterscheiden wir also zwischen Patienten mit starker Übersäuerung und solchen mit einer überschießenden Gastrinsekretion? Gewiss, die Behandlung eines Tumors unterscheidet sich vermutlich sehr von der Behandlung einer einfachen Hyperaktivität der Gastrin sezernierenden Zellen. Mit Radioimmunassays können wir dynamische Untersuchungen durchführen. Bevor Radioimmunassays verfügbar waren, benötigte man eine Tasse Blut, um den Insulinspiegel im Blut bestimmen zu können, mit Radioimmunassays können wir dieselbe Bestimmung durch einen Fingerstich durchführen. Folglich können wir jetzt dynamische Untersuchungen durchführen, wir können fünf, zehn, 20 aufeinanderfolgende Radioimmunassays durchführen, um die Veränderung der Konzentration in Plasma einer bestimmten Substanz zu bestimmen. Auf dieser Folie sehen Sie, wie wir Patienten mit einer Gastrin-Hypersekretion aufgrund eines Tumors, wie links gezeigt, von solchen unterscheiden, deren Hypersekretion durch eine Hyperaktivität der antralen Gastrin sezernierenden Zellen, wie rechts gezeigt, verursacht wird. Patienten mit einer Hyperaktivität des Magen-Darm-Trakts reagieren dramatisch auf die Zufuhr von Nahrung, aber nicht auf andere Sekretagoga wie Kalzium oder Sekretin, denn sie leiden unter einer Überaktivität der Gastrin sezernierenden Zellen, die auf Nahrungszufuhr reagieren. Patienten mit einem Tumor reagieren nicht auf Nahrungszufuhr, hier unten, im Gegensatz zu hier oben, wohingegen sie auf andere Sekretagoga reagieren. So sind wir also mit einer entsprechenden Wahl des Sekretagogums in der Lage, diagnostisch zwischen zwei Gruppen zu differenzieren, die einander klinisch ähneln. Beide weisen hohe Gastrinspiegel auf, beide weisen eine hohe Magensäurekonzentration auf, aber mit den entsprechenden stimulierenden Tests können wir diese Unterscheidung treffen. Bei der Anwendung von Radioimmunassays auf Hypo- oder Hypersekretionsprobleme verlassen wir uns daher selten auf die Bestimmung eines einzigen Plasmahormons. Um auf Insuffizienzen zu testen messen wir generell nicht nur die Konzentrationen im Grundzustand, sondern auch als Reaktion auf die Verabreichung entsprechender physiologischer oder pharmakologischer Stimuli. Bei Verdacht auf Hypersekretion verwenden wir manchmal auch Suppressionstests. Solche Untersuchungen sind in der Endokrinologie mittlerweile weit verbreitet und wären ohne Radioimmunassays nicht möglich. Die Erforschung der Peptidhormone wurde durch eine Änderung unseres Konzepts von der chemischen Beschaffenheit der Peptidhormone weiter erschwert. Wir wissen jetzt, dass Peptidhormone in mehr als einer Form im Plasma vorkommen, auch in den Drüsen oder Geweben, aus denen sie stammen. Diese Formen können biologische Aktivität haben, müssen es aber nicht, und können entweder Vorstufen oder Stoffwechselprodukte der gut bekannten, gut beschriebenen, biologisch aktiven Hormone repräsentieren. Ihr Vorhandensein hat die Interpretation der mit Radioimmunassays oder auch mit Bioassays gemessenen hormonellen Konzentrationen sicherlich verkompliziert. Ein typisches Beispiel einer Forschungsarbeit auf diesem Gebiet ist das derzeitige Interesse an der Heterogenität von Gastrin. Es wurden mehrere analytische Methoden eingesetzt, um die Beschaffenheit des Gastrins im Plasma aufzuklären. Die hier dargestellte Technik wird Sephadex-Gelfiltration genannt und sie trennt die Moleküle auf Basis ihres Molekülradius, im Wesentlichen nach Molekülgewicht und Konfiguration des Moleküls. Dies geschieht in einer Säule, bei uns etwa einen halben Meter lang. Wir haben Markermoleküle zur Kennzeichnung des Porenvolumens und Markermoleküle zur Kennzeichnung des Salz-Peaks. Wenn wir Gastrin hinzufügen, das Heptadekapeptid Gastrin, das aus dem Antrum entnommene und gereinigte Gastrin ist ein aus 17 Aminosäuren bestehendes Peptid. Wir fügen dies dem Plasma hinzu und wir stellen fest, dass das Gastrin nach dem Insulin mit einem Molekulargewicht von 6.000 eluiert wir, Proinsulin wiegt 9.000. Untersuchen wir die Beschaffenheit von Gastrin in Plasma stellen wir fest, dass es zwischen dem Insulin und dem Proinsulin eluiert wird. Es verhält sich chemisch klar anders als das Gastrin, das aus dem Antrum gewonnen wurde. Wir können diese Trennung mithilfe anderer physikalisch-chemischer Methoden herbeiführen, Sie können das so lassen. Die Anode steigt an, das Material wird hier am Ursprung aufgebracht, wir stellen fest, dass sich das Gastrin im Plasma in Bezug auf die Ladung auch von dem aus 17 Aminosäuren bestehenden Peptid unterscheidet, das aus dem Antrum isoliert wurde. Diese neue Form des Gastrins haben wir Big-Gastrin genannt. Und wieder stimmt die Reihenfolge nicht. Hier erkennen wir das Big-Gastrin, das zwischen dem Porenvolumen und dem Insulin ausgespült wird. Wenn wir jetzt tryptischen Verdau anwenden, können wird das Big-Gastrin in das Heptadekapeptid-Gastrin umwandeln. Wir haben daraus geschlossen, dass das Big-Gastrin eine Vorstufe des aus 17 Aminosäuren bestehenden Peptids ist und durch einen Lysin- oder Argininrest mit dem 17-Aminosäuren-Peptid verbunden war. Bald darauf konnten Gregory und Tracy zeigen, dass das aus 17 Aminosäuren bestehende Heptadekapeptid-Gastrin im Big-Gastrin durch zwei Lysinreste eingebunden war. Unsere auf der quantitativen Bestimmung der Piko- oder Nanogramm-Mengen des immunreaktiven Gastrins bei gleichzeitigem Vorhandensein millionenfach höherer Konzentrationen anderer Proteine beruhende Annahme wurde durch die Arbeit von Gregory und Tracy gerechtfertigt, die dieses Material aufreinigten und chemisch beschrieben. Anders als bei Proinsulin, das so gut wie keine biologische Aktivität aufweist, führt die In-vivo-Verabreichung immunchemisch äquivalenter Mengen von Big-Gastrin und Heptadekapeptid-Gastrin zu der gleichen physiologischen Antwort, der gleichen Ausschüttung von Säure bei einem Hund. Auf dieser Grundlage würden wir sagen, dass Big-Gastrin und Heptadekapeptid-Gastrin die gleiche biologische Aktivität aufweisen. Man verabreicht dieselbe Menge, man erhält dieselbe biologische Antwort. So definiert, in der klassischen physiologischen Beschreibung, haben Big- und Heptadekapeptid-Gastrin dieselbe biologische Aktivität. Dennoch ist die Umsetzungszeit für Big-Gastrin fünf Mal so lang wie die für Heptadekapeptid-Gastrin. Bei intravenöser Verabreichung verschwindet es also langsamer, daher liegt die Plasmakonzentration von Big-Gastrin unter den Bedingungen einer kontinuierlichen Infusion fünf Mal über der des Heptadekapeptid-Gastrins. Wenn wir daher biologische Reaktivität nicht als biologische Antwort auf eine bestimmte verabreichte Dosis definieren, sondern als Plasmaspiegel gegenüber biologischer Antwort, dann würden wir unter diesen Bedingungen sagen, dass Big-Gastrin nur ein Fünftel der biologischen Aktivität des Heptadekapeptid-Gastrins aufweist. Das Konzept der Heterogenität hat deshalb nicht nur zu Komplikationen bei Immunassays geführt, sondern auch bei der Definition von Dingen in Bezug auf Bioassays. Im Moment, ein Jahrzehnt nachdem das Konzept der Heterogenität entwickelt wurde und trotz einer enormen Menge beschreibender Daten auf diesem Gebiet, wissen wir immer noch nicht sehr viel über die Regeln oder Gründe für dieses Syntheseschema aus Vorstufe und Produkt. Sind die Synthese der Peptidhormone und die Art, in der sie mit einem anderen Peptid verbunden sind, nur für die Synthesemethode wesentlich? Welche Enzyme sind am Umwandlungsprozess beteiligt? Zehn Jahre später wissen wir immer noch nicht, ob die Umwandlungsenzyme hormonspezifisch oder artenspezifisch sind. Es gibt immer noch Diskussionen darüber, ob die Umwandlung nur im sezernierenden Gewebe erfolgt, oder ob es eine periphere Überführung von der inaktiven in die aktive Form gibt. Welche Rolle spielt der Teil des Vorstufenmoleküls, der nach der Biosynthese abgespalten wird? Wird er tatsächlich weggeworfen? Es gibt mittlerweile Hinweise, die vermuten lassen, dass ACTH, Lipotropin und andere Teil desselben Moleküls sind, und dass jeder Teil eine andere physiologische Funktion hat. Die Antworten auf diese und verwandte Fragen zu finden, wird viele von uns für eine ganze Weile beschäftigen. In den letzten paar Minuten würde ich mit Ihnen gerne eine für mich sehr neue und spannende Entwicklung diskutieren, bei der ebenfalls Radioimmunassays zum Einsatz kommen. Die Entdeckung von Vanderhaeghen et al. eines neuen Peptids im Zentralnervensystem von Wirbeltieren, das mit Antikörpern gegen Gastrin reagiert, wurde von Dockray bestätigt, der vorschlug, dass das Gehirnpeptid eine größere Ähnlichkeit mit Cholecystokinin-ähnlichen Peptiden aufweist als mit Gastrin-ähnlichen. Seine Untersuchungen basierten nur auf den Unterschieden in der Immunreaktivität unterschiedlicher Antiseren. Wir weiteten diese Untersuchungen aus und zeigten, dass es sich bei dem Peptid im Gehirn nicht um Gastrin handelte, nicht einfach um ein Cholecystokinin-ähnliches Peptid, sondern tatsächlich um intaktes Cholecystokinin und sein C-terminales Oktapeptid. Ein Darmhormon wird plötzlich im Gehirn entdeckt. Diese Beobachtungen hingen von der Verwendung zweier Antiseren mit unterschiedlicher immunchemischer Spezifität ab. Eines wurde durch Immunisierung einer Ziege mit Schweine-Cholecystokinin gewonnen, der einzigen Spezies, aus der Cholecystokinin isoliert worden ist, und es reagiert mit keinem der anderen Darmhormone, darunter Gastrin oder sogar das Oktapeptid, das C-terminale Oktapeptid des Cholecystokinins. Also reagiert es mit Aminosäuren im N-terminalen Teil des Moleküls. Ein zweites Antiserum wurde durch Immunisierung mit den vier terminalen Aminosäuren des Gastrins gewonnen. Gastrin und Cholecystokinin weisen die gleichen fünf C-terminalen Aminosäuren auf. Und wir erkennen, dass die Peptide, Cholecystokinin, sein Oktapeptid, Gastrin, das 39-Aminosäuren-Cholecystokinin, sich in diesem System alle ungefähr gleich verhalten. Unter Verwendung dieses Antiserums beobachten wir, dass in allen untersuchten Tierarten der immunreaktive Teil des Cholecystokinins im Darm und im Gehirn ungefähr vergleichbar ist. Sodass es tatsächlich, wenn wir den Menschen mit seinem großen Gehirn berücksichtigen, mehr Darmpeptid im Gehirn als im Darm gibt. Eine sehr interessante Beobachtung. Beachten Sie außerdem, dass die Konzentrationen zwischen den unterschiedlichen Spezies sehr konstant sind, innerhalb eines Bereichs des Fünf- oder Sechsfachen. Auch nach dem tryptischen Verdau, bei dem, wie Sie wissen, Lysin in Argininreste heruntergebrochen wird, gibt es beinahe keine Veränderung der Immunreaktivität, weil das Cholecystokinin-Oktapeptid keine Lysin- oder Argininreste enthält und daher kein Kandidat für Trypsin ist. In der nächsten Folie sehen wir die Elutionsprofile der Sephadex-Gelfiltration. Gelb dargestellt ist das intakte Cholecystokinin, weiß dargestellt das Oktapeptid, etwa halb und halb vor dem tryptischen Verdau, nach dem tryptischen Verdau alles zum Oktapeptid umgewandelt, jedoch ohne Verlust von Immunreaktivität. Und im Wesentlichen entspricht das Cholecystokinin im Darm des Schweins dem im zerebralen Kortex. Im Darm des Hundes, vergleichbar mit dem im zerebralen Kortex. Im Darm des Affen, vergleichbar mit dem im zerebralen Kortex. In den gleichen Affen- und Hundextrakten, in denen das Cholecystokinin-ähnliche Material in ungefähr derselben Konzentration wie in den Schweineextrakten vorhanden war, fanden wir es nicht in den Gehirn- und Darmextrakten anderer Spezies, wenn wir das N-terminale Antiserum verwenden. Anders ausgedrückt fanden wir Immunreaktivität mit einem gegen den C-terminalen Teil des Moleküls gerichteten Antiserum, nicht jedoch mit einem Antiserum, das gegen den N-terminalen Teil des Schweine-Cholecystokinins gerichtet war. Wir sagen daher auf Basis von Radioimmunassays voraus, dass es zwischen dem Cholecystokinin von Schweinen und dem Cholecystokinin anderer Spezies wesentliche Unterschiede im aminoterminalen Teil des Moleküls gibt. Da dieser Teil des Moleküls nicht direkt an seiner biologischen Aktion beteiligt ist, überrascht es nicht, dass sich die Aminosäuresequenzen in diesem Bereich im Verlaufe der Evolution auseinanderentwickelt haben. Tatsächlich hat das C-terminale Oktapeptid etwa die zehnfache biologische Aktivität von intaktem Cholecystokinin. Wir freuen uns darüber, dass unsere Behauptung Viktor Mutt dazu angeregt hat, die anderen tierischen Cholecystokinine zu isolieren und chemisch zu bestimmen, und wir freuen uns auf seine Ergebnisse. Wo im Gehirn kommt Cholecystokinin vor? Seine Konzentration ist am höchsten im zerebralen Kortex. Immunhistochemische Untersuchungen legen, wie hier gezeigt, nahe, dass sich das Hormon anscheinend in den kortikalen Neuronen konzentriert. Die Entdeckung von Peptiden, die dem Cholecystokinin und seinem Oktapeptid ähneln, im Zentralnervensystem wirft interessante Fragen bezüglich ihrer physiologischen Funktion auf. Insbesondere in Bezug auf ihre möglichen Rollen als Sättigungsfaktoren. Die Beobachtungen von Gibbs et al., dass eine Injektion mit gereinigtem Cholecystokinin oder dem Oktapeptid ein Sättigungsgefühl hervorrief, obwohl das bei anderen Darmhormonen nicht der Fall war, lässt einen negativen Feedback-Mechanismus aus dem Magen-Darm-Trakt als auslösenden Mechanismus vermuten. Die Entdeckung, dass Cholecystokinin-Peptide endogene Substanzen des Gehirns zu sein scheinen, lässt vermuten, dass sie eine direktere Rolle als Neuroregulatoren spielen. Und tatsächlich untersuchen wir gerade die Änderungen hinsichtlich Zusammensetzung und Konfiguration des Cholecystokinins bei fettleibigen Tieren im Vergleich zu normalgewichtigen oder Hunger leidenden Tieren. Wie geht es mit Radioimmunassays weiter? Ich fürchte, ich bin nicht die beste Person, um die Zukunft von Radioimmunassays vorauszusagen. Ich habe bis jetzt Hunderte von Anwendungsmöglichkeiten gesehen, ich habe die Belebung ganzer neuer Bereiche in der Medizin gesehen. Genau wie Sie freue ich mich auf die weitere Entwicklung des Radioimmunassays. Vielen Dank.

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Each year the Nobel Prize-awarding institutions have the possibility of dividing the money for their Nobel Prize(s) into two parts. These parts can then be given at the same time for different discoveries or inventions. This was the case when Rosalyn Yalow, as second woman ever, received her Nobel Prize in Physiology or Medicine. Her Nobel lecture given in Stockholm on December 8, 1977, is entitled “Radioimmunoassay: A probe for the fine structure of biological systems”. When she came to the Lindau meeting half a year later, she chose to speak on a very similar subject and apparently also re-used most of the 16 slides. Looking them up may help the interested listener to follow the details of her quite technical lecture. In the main part, she describes the invention of the RIA method and an impressive number of discoveries that have been made with this method, both in pure biomedicine and in more practical clinical medicine. But in the beginning she takes up a more general global problem, that of the increasing population of the world. This seems to be typical of her, since at the Nobel banquet in Stockholm she gave a very unusual and engaging appeal to the students, in particular the female students. Her point then was that the female half of the population can not be left out when our global problems need to be solved. From her own life, she knew more than enough about the many difficulties facing women entering scientific careers. When, as Rosalyn Sussman, she tried to enrol as a PhD student in nuclear physics, she initially had great difficulties. It was not until WWII started and most male physics students had disappeared into military activities that she finally was accepted. Since what she learned about nuclear physics and in particular about radioactivity is the starting point for her Nobel Prize work, one might paraphrase a quotation from her, to say “Without the war she would never have received the Nobel Prize”!

Anders Bárány